Mit dem Containerschiff nach Brüssel
22 November 2017
Der Verband Freier Berufe in Bayern will Europa das Erfolgsmodell "Freie Berufe" näherbringen.
Der Verband Freier Berufe in Bayern (VFB) betreut als Dachverband 34 Mitgliedsorganisationen und damit rund eine Viertel Million selbstständig Tätige – Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Anwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Architekten, Ingenieure, Sachverständige und Künstler – insgesamt fast eine Million Erwerbstätige in den Freien Berufen in Bayern. VFBPräsident Michael Schwarz verglich die Freien Berufe auf der Delegiertenversammlung in München mit einem hochseetauglichen Containerschiff, das mitunter schwierige Manöver absolvieren muss, um die verschiedenen Häfen sicher anzulaufen. Der Zahnarzt Schwarz ist seit einem Jahr Kapitän auf der Brücke und steuert mit seiner Crew das Containerschiff VFB durch die Hoheitsgebiete der EU und Bayerns. Die größte Klippe stellt derzeit die EU-Kommission dar, die mit immer neuen Anläufen versucht, den EU-Binnenmarkt auf den freien Wettbewerb auszurichten – zu Lasten von länderspezifischen Strukturen wie die Selbstverwaltungen der Freien Berufe in Deutschland, die den Staat seit vielen Jahrzehnten erfolgreich bürokratisch und finanziell entlasten. Der VFB will jetzt in Brüssel für das Erfolgsmodell „Freie Berufe“ werben.
Ziel der EU-Kommission ist es, mehr Transparenz im Binnenmarkt zu schaffen und Wettbewerbshindernisse abzubauen. Was auf den ersten Blick plausibel klingt, hat gravierende Auswirkungen – insbesondere auf Qualität und Verbraucherschutz. Mithilfe des EU-Dienstleistungspakets und den darin enthaltenen Vorschlägen
sollen die sog. regulierten Berufe (also jene, für deren Aufnahme und Ausübung eine Berufsqualifikation vorgeschrieben ist – siehe oben) reformiert werden. Damit würden die Freien Berufe anderen gewerblichen Dienstleistern gleichgestellt. Für VFB-Präsident Michael Schwarz stellt dieses Vorhaben das Schleifen der Freien Berufe dar, die er als „Rückgrat der Gesellschaft“ bezeichnet. „Bei uns geht es um Qualität vor Preis“, so Schwarz. Der Versuch der Gleichmacherei gehe zu Lasten einer hochqualifizierten Berufsausübung und Berufsausbildung.
Der VFB will nun die Idee und die Philosophie der Freien Berufe nach Brüssel tragen. „Hinter der Brüsseler Bürokratie stehen viele einzelne Menschen, die durchaus zugänglich sind für unsere Belange hier in Deutschland“, zeigt sich Michael Schwarz optimistisch. 2018 plant der VFB eine Informationsveranstaltung in Brüssel, um das Erfolgsmodell „Freie Berufe“ in Kommission und Parlament vorzustellen. „Wir müssen Europa davon überzeugen, wie fatal es wäre, die freiberufliche Selbstverwaltung zu zerschlagen. Die Berufsausübung der Freien Berufe wird in hohem Maße durch die berufsständische Selbstverwaltung unterstützt, die wiederum durch ihre Aufgaben den Staat - und damit die Gesellschaft - auch finanziell entlastet.“ Der rein ökonomisch ausgerichtete Blick der Kommission auf berufliche Regulierung droht aus Sicht des VFB wesentliche Aspekte, wie beispielsweise den Verbraucherschutz, in den Hintergrund zu drängen.
[Quelle: Pressemitteilung Verband Freier Berufe in Bayern e.V.]
Fotos: Köhler, Sessner Fotografie/Verband Freier Berufe